«Notate aus der Wüste» nennt
Jörg Mollet seine in der Galerie Selz im jurassischen Perrefitte
gezeigten Arbeiten, in denen er Eindrücke aus der algerischen Wüste
mit philosophischen Chiffren seiner malerischen Ordnungen verwebt.
Seit vielen Jahren schon bereist Jörg Mollet oft monatelang fremde
Länder, so im letzten Jahr die Sahara und Anfang 2003 Südalgerien
und Mali. Auf seinen Reisen sucht er über die fremden kulturellen
Erfahrungen die künstlerische Herausforderung, lotet und ortet so
seine Bildfindungen immer neu aus. Doch stets bildet Jörg Mollet
in seinen Werken keine scheinbare Wirklichkeit ab. Seine Wahrnehmung ist
ein archäologisches In-die-Tiefe-Dringen der Seele dieser Kulturen,
ihrer Chiffren, Spuren und Ordnungen, um diese in künstlerischen
Prozessen des Wachsens und Wandels sichtbarer und unsichtbarer Strukturen,
Schichtungen und Collagierungen mit seinen persönlichen, fernöstlich
begründeten philosophischen Energieformeln zu vereinen.
Energiegeflechte und Stoffresten
So gibt Jörg Mollet in seinen meditativ verwobenen Abstraktionen
seinem Empfinden dieser fremdkulturellen Ereignisse eine Sprache, indem
er sie mit dichten und transparenten Farbfeldern und –bahnen, gestischen
Chiffrierungen, kalligrafischen und zeichenhaften Figurationen zu einem
gesamthaften Kontext kodiert. Und auch in diesen neuen Bildern –
mehrheitlich auf Shoji-Papier, das der Solothurner seit seinem China-Aufenthalt
von 1993 verwendet und aufwändig bearbeitet – verknüpft
Mollet verschiedene fremde und eigene kulturelle Spannungen. So baut er
in der algerischen Wüste aus Steinen Grundmuster so genannter taoistischer
Schutzhäuser, die für verschiedene Elemente und deren Farbzuordnungen
stehen. Diese Energiegeflechte lässt er genauso malerisch in das
jeweilige Bildgeschehen einfliessen wie die in der Wüste gefundenen
Stoffreste. Als digital projizierte, vergrösserte und airgebrushte,
popartige Muster durchbrechen sie die native Webordnung von Dichte und
Transparenz, subjektivem Bewusstsein und ursprünglicher Gestik als
Grat zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Diese bunten Stofffetzen –
Relikte einer neuzeitlichen Zivilisation in der archaischen Landschaft
– hat er in der Galerie wie einen Fries über die Bilder arrangiert
und verleiht derart der konzentrierten Haltung einen folkloristisch-spielerischen
Charakter.
Ein Zeichnband als Kernstück
In kleinen Bildtafeln dann sublimiert Mollet landschaftliche Extreme des
Sonnenlichtes zu lyrischen Empfindungen, wenn sich Gelb und Schwarz in
geometrischen Formationen in-, mit- oder übereinander formieren,
um in anderen Arbeiten die unmittelbaren Erfahrungen unter fremdartigen
Bedingungen poetisch einfach zu notieren. Ein Kernstück in dieser
Ausstellung ist ein 12,5 Meter langes Zeichenband als Hommage an den vor
300 Jahren lebenden Literaten und Maler Xiao Yuncong. Diese in der Wüste
zusammengetragenen kalligrafischen und szenischen Piktogramme vereinen
wie archaische Höhlenzeichnungen, fernöstliche Landschaften
und neuzeitliche Cartoons zugleich philosophische und erlebte Momente
zu einer spontan assoziativen Bildgeschichte.
|